Samstag, 24. Januar 2009
 
Prokop gegen Genner PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von no-racism.net   
Samstag, 26. Mai 2007

Erster Prozessbericht

Der Privatprozess wegen "übler Nachrede" durch Gunnar Prokop gegen Michael Genner, Asyl in Not, fand am 25. Mai statt. Die Richterin befragte fast nur nach Bedeutungen von Begriffen und Formulierungen aus dem Artikel. Der Prozess wurde vertagt.

Am 25. Mai um 9h früh fand im Straflandesgericht der Prozess gegen Michael Genner, Asyl in Not, statt. Grund dafür war seine Formulierung "Ministerin für Folter und Deportation", die er anlässlich eines Nachrufs am 1.1.2007 verwendet hatte. Er wurde von Gunnar Prokop, dem Witwer der zu Silvester verstorbenen Innenministerin, wegen "übler Nachrede" angeklagt.

Die Richterin befragte Genner zuerst zu Details des Vereins "Asyl in Not" und beschäftigte sich danach hauptsächlich mit der Frage nach Bedeutungen von Begriffen und Formulierungen aus dem entsprechenden Artikel. Wenn Michael Genner zu Beispielen ausholen wollte, um seine Definition zu untermauern, unterbrach sie, zuletzt mit der überraschenden Feststellung, dass "dem Gericht klar sei, dass Flüchtlinge in Schubhaft traumatisiert werden". Genner steht weiterhin vollinhaltlich zu dem, was er geschrieben hat.

Die nach dem Prozess an Michael Genner gestellte Frage, ob er den Wahrheitsbeweis antreten wolle, bejahte dieser, es gehe um die Feststellung, dass physisch und psychisch gefoltert wurde und viele Menschen abgeschoben wurden. Er ist optimistisch, den Prozess zu gewinnen – spätestens in Straßburg.


Detaillierter Bericht des Prozesses mit Protokoll


Nach Verlesung der Anklage auf "üble Nachrede" wurde Michael Genner, Obmann des Vereins "Asyl in Not", einvernommen. Begonnen wurde die Vernehmung nach Aufnahme der persönlichen Daten mit der Frage: Haben Sie diese Zeilen geschrieben?
Genner dazu: "Ja das habe ich so geschrieben, dazu stehe ich, aber ich bekenne mich nicht schuldig im Sinne der Anklage".

Festgestellt wurde, dass Michael Genner als Obmann des Vereins allein vertretungsbefugt ist. Weitere Details über den Verein wurden erfragt, wie die finanzielle Lage, die Höhe der Spenden sowie der Ausgaben, wobei die Richterin darauf bestand, dass hier keine "Zuflüsterungen" erlaubt seien. Die Homepage von Asyl in Not und deren Inhalte werden von Michael Genner betreut, der angesprochene Artikel wurde am 1.1.2007 von ihm verfasst.

R: Richterin, G: Genner

R: Sie schreiben hier "Ministerin für Folter und Deportationen" ? Wie haben Sie das gemeint?
G: In der Amtszeit Prokop wurden Menschen physisch und psychisch gefoltert, womit ich tagtäglich konfrontiert war. Tschetschenische Flüchtlinge, schwer traumatisiert durch Inhaftierung, Lager, Krieg und die vor Asylantragstellung zu uns kommen.
R (unterbricht): Nein ich meinte, wie Sie die Begriffe gemeint haben!
G: Wie ich gerade sagen wollte, die traumatisierten Menschen kommen in Schubhaft und werden retraumatisiert, das ist psychische Folter. Nur ein Beispiel für physische Folter ist der medial bekannt gewordene Fall Bakary.
R: Sie meinen also, dass Ministerin Prokop direkt beteiligt war?
G: Nein, aber unter ihrer Polizei, sie ist dafür politisch verantwortlich.
Schüssel hat selbst gesagt, dass wir 2006 dank Prokop viele Zwangsdeportationen hatten.
R: Was meinen Sie mit Deportationen?
G: Abschiebungen.
R: Sie schreiben von Misshandlungen.
G: Ja die hat sie stillschweigend geduldet.
R: Meinen Sie, dass sie im Vorfeld davon wusste?
G: Sie hat sie im Nachhinein gedeckt.
R: Hier steht: Das Menschenrecht für Fremde wurde abgeschafft. Wie meinen Sie das?
G: Im Fremdenpolizeigesetz, beispielsweise der § 76, der es erlaubt, dass Flüchtlinge in Schubhaft genommen werden, wegen Dublinverfahren.
R: Ist das einzigartig in Europa?
G: Kenne nicht die Rechtssprechung in allen EU-Staaten, in Österreich war es bisher nicht so. Also woanders wird das auch so gehandhabt, in Deutschland, aber das ist keine Entschuldigung.
R: Sie schreiben: Schreibtischtäter.
G: Schreibtischtäter ist jemand, der Gesetze und Verordnungen erlässt, aufgrund derer Menschenrechte verletzt werden.
R: Rassistisch? Meinen Sie gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen?
G: Die Gesetze wenden sich gegen Fremde, insbesondere gegen AsylwerberInnen. Die von den Prokop Gesetzen Betroffenen sind meist Tschetschenen.
R: Ist Prokop auch rassistisch eingestellt, oder nur ihre Beamten?
G: Wie der Formulierung zu entnehmen ist, die Beamten, die Druck machten.
R: Wussten Sie, als Sie diesen Artikel schrieben, dass er solche mediale Wellen schlagen würde?
G: Ich bin gewohnt, angefeindet zu werden für das, was ich tue. Es wurden im letzten Jahr so viele Menschen vor meinen Augen abgeführt, und gleichzeitig hörte ich die Lobhudeleien auf sie, das hat einen Effekt ausgelöst, ich war sehr erregt darüber.
R: Wussten Sie, dass es unehrenhaft war, was sie schreiben?
G: Es war ein politischer Angriff.
R: Waren Sie sich bewusst, dass es "üble Nachrede" war?
Einwurf des Anwalts von M.G.: Da ist jetzt eine juristische Einschätzung gefordert, die meinem Mandanten nicht zugemutet werden kann.
G: Ich berufe mich auf die Pressefreiheit.
R: Würden Sie es wieder so schreiben?
G: Ich habe eine Entschuldigung an die Angehörigen von Prokop gerichtet. Ich würde den ersten Satz weglassen, sonst stehe ich vollinhaltlich dazu.
R: Es gibt aber Unterschiede in den Formulierungen.
G: Ich habe Beweise für das, was ich schreibe, Flüchtlinge ...
R (unterbricht): Dass Flüchtlinge in Schubhaft traumatisiert werden, ist dem Gericht klar.

Das Verfahren wird auf unbekannte Zeit vertagt. Die Nachfrage des Anwalts von Michael Genner an die Richterin, ob es denn überhaupt notwendig sei, wurde von dieser bejaht, da bis dahin das Beweisverfahren und der Schriftsatz abgeschlossen sind. Kurz vor Abschluss des Prozesses fällt ihr weiters auf, dass es umfangreiche Beweisanträge von G. gibt, u.a. 10 ZeugInnen.
Ende der Verhandlung 9:30 Uhr.

Quelle: http://no-racism.net

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